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Informationen zum Projekt

Im Oktober ist der jährliche Welthunger-Index 2022 erschie­nen und wie immer gilt unser erster Blick Indien, das diesmal Platz 107 von 121 untersuchten Ländern belegt, mit der Schweregradkategorie ernst hinter den Nachbarländern Pakis­tan, Bangladesch und Nepal (Fußnote 1). Und das, obwohl Indien eine regionale Wirtschaftsmacht mit Nuklear- und hoch entwickel­ter Informations- und Kommunikationstechnologie ist (Fußnote 2) - zwei Seiten einer Medaille.

Der Welthunger-Index setzt sich aus vier Indikatoren zusam­men: 1. Unterernährung (der Anteil der Bevölkerung, dessen Kalorienbedarf nicht gedeckt ist), 2. Wachstumsverzöge­rung bei Kindern (Anteil von Kindern unter 5 Jahren mit zu geringer Größe in Bezug auf das jeweilige Alter, ein Beleg für chronische Unterernährung), 3. Auszehrung bei Kindern (Anteil von Kindern unter 5 Jahren mit zu niedrigem Gewicht in Bezug auf die jeweilige Größe, ein Beleg für akute Unter­ernährung) und 4. Kindersterblichkeit (Anteil der Kinder, die vor ihrem fünften Geburtstag sterben, ein Spiegel von Mangel an Nährstoffen und „ungesundem Umfeld“). Mit 19,3 % ist die Auszehrungsrate bei Kindern in Indien die höchste auf der ganzen Welt, d.h. bei Geburt ist fast ein Fünftel der Kinder akut unterernährt. Bei der Geburt ist der Indikator am höchs­ten, bevor er kontinuierlich bis zum Alter von drei Jahren sinkt und dann relativ konstant bleibt. Laut der Studie von Headey und Ruel (2022) basiert der hohe Wert in Indien auf einer unzureichenden Gewichtszunahme der Mütter während der Schwangerschaft und einem zu geringen Geburtsgewicht der Neugeborenen (Fußnote 3). Die Armut vieler Familien, fehlender Zugang zu sauberem Trinkwasser (Durchfallerkrankungen), Mangel­ernährung insbesondere der jungen Mädchen und Frauen (Benachteiligung bei der Essenszuteilung gegenüber den männlichen Familienmitgliedern), harte Arbeit während der Schwangerschaft führen dazu, dass Kinder sich bereits vor der Geburt verzögert entwickeln, bleibende auch geistige Schäden davontragen und mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls in Armut leben werden. Armut und Hunger der Bevölkerung basieren auf geographischen wie strukturellen, tiefer in der Gesellschaft verankerten sozialen, kulturellen (z.B. geschlechtsspezifischen), wirtschaftlichen Ungleichheiten, die nicht allein durch Nothilfemaßnahmen, wie Essensvertei­lung an Arme, behoben werden können, sondern einen ganz­heitlichen Entwicklungsansatz benötigen.

Innerhalb Indiens bestehen bezüglich Ernährungssicherheit je nach Region, ethnolinguistischer und soziokultureller Zuge­hörigkeit, Einkommen und Bildungsgrad sehr große Unter­schiede. Der Distrikt Jhargram (früher West Midnapur) in Westbengalen gehört zu einem der besonders benachteiligten Gebiete, und die dort ansässigen indigenen Stammesgemein­schaften der Lodha-Sabar (Fußnote 4) zu den besonders vulnerablen Gesellschaftsgruppen. Unter den Briten waren sie als „crimi­nal tribes“ diskriminiert. Sie waren Jäger und Sammler, dien­ten lokalen Königen als Krieger. Landbesitz kannten sie nicht.

Im August 2022 geriet der Distrikt Jhargram über Westbenga­len hinaus in die Schlagzeilen, als ein tuberkulosekranker Familienvater der Sabar-Gemeinschaft an Hunger starb. Kein Einzelfall, aber besonders dramatisch. Investigativ-Journalis­ten deckten den Fall auf. Über Monate hinweg war dem Mann und seiner Familie die ihnen zustehende staatliche Unterstüt­zung an Nahrungsmitteln und Geld für Medikamente verwei­gert worden. Anstatt den Fall aufzuarbeiten, versuchten Regierungsvertreter, ihn zu vertuschen bzw. Alkohol und Krankheit als Todesursache vorzuschieben (Fußnote 5).

Die Indienhilfe ist seit 1981 in der Region engagiert, seit 2016 mit dem Projektpartner KJKS (Kajla Janakalyan Samity) in 19 Lodha-Sabar-Dörfern des Distrikts Jhargram, mit einem gemeindebasierten ganzheitlichen Ansatz, das Wohl der Kinder im Mittelpunkt aller Aktivitäten. Ziel ist es, die schlechte Ernährungssituation zu überwinden, Bildungs- und Einkommenschancen für Kinder und Familien zu erhöhen, gesellschaftliche Veränderung anzustoßen, die Bevölkerung umfassend über ihre Rechte und staatlichen Ansprüche aufzu­klären und sie bei der Einforderung zu unterstützen, damit ein Fall wie der des Familienvaters sich nicht wiederholt. KJKS arbeitet intensiv mit staatlichen Behörden und Institutionen, wie den Mutter-Kind-Zentren (Fußnote 6), Schulen und Kindergärten zusammen. Funktionierende Mutter-Kind-Zentren sind zent­ral für die Entwicklung und Senkung der Auszehrungsrate der Kinder, denn hier werden schwangere und stillende Mütter sowie Kleinkinder mit Lebensmitteln und elementaren Nähr­stoffen versorgt, ihre Entwicklung überwacht und dokumen­tiert und Mütter beraten. Zusätzlich organisiert KJKS seit zwei Jahren in regelmäßigen Abständen Gesundheitscamps, bei denen Kinderärzte den Entwicklungs- und Ernährungszustand aller 2.300 Kinder in den 19 Projektdörfern kontrollieren. In den Nachhilfezentren von KJKS geht es nicht nur um Bildung: vor Unterrichtsbeginn bekommen die Kinder täglich eine warme Mahlzeit, damit sie ohne knurrenden Magen Spaß am Lernen haben können (siehe hierzu auch das Frühjahrsinfo 2022) (Fußnote 7).

Doch für das Projektjahr 2022-2023 war es der Indienhilfe ein­fach nicht möglich, diese Mahlzeit für die Kinder in den Nach­hilfezentren weiterhin zu finanzieren. Die nach dem Corona-Lockdown stark gestiegene Zahl an Kindern in den Nach­hilfezentren, eine hohe Inflation in Indien und ein schlechter Wechselkurs führten dazu, dass sich die Projektkosten für 2022-2023 generell erhöhten und wir uns gezwungen sahen, Aktivitäten zu kürzen. Durch Vermittlung von KJKS konnten wir jedoch mit der deutschen Nicht-Regierungsorganisation German Doctors e.V., mit der wir seit langem in Verbindung stehen, vereinbaren, für ein Jahr für einen täglichen nahrhaften Imbiss für alle 760 Kinder in den Zentren die Kosten zu über­nehmen. Jetzt wird das wieder zu unserer Aufgabe - wenn die Spendenmittel dies erlauben. Wir sind mit unserem Projekt­partner, neben Essensausgabe zur unmittelbaren Bekämpfung von Hunger, über Maßnahmen zur Herstellung langfristiger Ernährungssicherheit im Gespräch, zunächst durch eigenen Anbau von Obst und Gemüse und passende Kleintierhaltung.

Wir hoffen sehr, auch in Zukunft in der Projektregion mit Ger­man Doctors zusammenarbeiten zu können, die dort gerade ein neues Projekt im Bereich Gesundheit planen. Armut, Ernährung, Bildung und Gesundheit sind Bereiche, die eng miteinander verwoben sind. Durch Kooperation und Aus­tausch auf deutscher und indischer Seite könnten von komple­mentären Projekten alle profitieren und dem Anspruch eines ganzheitlichen Entwicklungsansatzes im Projektgebiet ein Stück näherkommen. Wer die strukturellen Probleme von Armut und Hunger bekämpfen will, muss alle Aspekte mit­denken und berücksichtigen.

Wir hoffen sehr, auch in Zukunft in der Projektregion mit Ger­man Doctors zusammenarbeiten zu können, die dort gerade ein neues Projekt im Bereich Gesundheit planen. Armut, Ernährung, Bildung und Gesundheit sind Bereiche, die eng miteinander verwoben sind. Durch Kooperation und Aus­tausch auf deutscher und indischer Seite könnten von komple­mentären Projekten alle profitieren und dem Anspruch eines ganzheitlichen Entwicklungsansatzes im Projektgebiet ein Stück näherkommen. Wer die strukturellen Probleme von Armut und Hunger bekämpfen will, muss alle Aspekte mit­denken und berücksichtigen.

Projektkosten 2022/23, ohne Mahlzeiten: ca. 61.000 € (ca. 80 €/Kind)
Stichwort: Adivasi

 

Weitere Hilfsprojekte von Indienhilfe e.V.

Trägerorganisation des Projekts

Indienhilfe e.V.

Indienhilfe e.V.
Register-Nr.: 652

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